Autofahrer überholen Radfahrer zu knapp - ADFC Heidenheim

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Heidenheim

Auswertung aller Abstandsmessungen des ADFC in Heidenheim und Umgebung © Helmut Keller

Autofahrer überholen Radfahrer zu knapp

Halten Autofahrer den vorgeschriebenen Abstand beim Überholen von Radfahrern ein? ADFC-Messungen im Sommer 2022 haben ein kritisches Ergebnis hervorgebracht.

Der ADFC Heidenheim hat mithilfe eines kleinen Geräts, das sich Open Bike Sensor (OBS) nennt, die Abstände zwischen Radfahrenden und überholenden Kraftfahrzeugen gemessen.

Am 28. April 2020 hatte der Bundestag die Straßenverkehrsordnung (StVO) novelliert. Die Radfahrenden bekamen mehr Rechte. Das Radfahren sollte sicherer werden. Unter anderem wurde der Mindestüberholabstand von Fahrzeugen zu Radfahrenden auf 1,50 Meter innerorts und 2,00 Meter außerorts festgelegt.

Die Messdaten des ADFC erlauben nun eine statistische Auswertung.

Eugen-Jaekle-Platz bis An der Stadtwaage

Der Radweg ab dem Cityparkhaus und entlang des Eugen-Jaekle-Platzes bis zur Grabenstraße ist durchnittlich 1,50 m breit und erfüllt gerade so die Mindestbreite. Eine etwa 0,5 m breite Pflasterreihe soll einen gewissen Sicherheitsabstand zur Fahrbahn herstellen. Dieser erweist sich als zu gering, bzw. der Radweg erweist sich als zu schmal. Dies wird an den Messwerten deutlich: 33 von 51 (64 %) Fahrzeugen hielten den Sicherheitsabstand nicht ein. Im Abschnitt Brenzstraße bis zur Bahnhofstraße überholten 50 % der KFZ mit zu geringem Abstand. Erst ab der Ploucquetstraße besserten die Messwerte. Nur 40 % überholten falsch.

Olgastraße

Der Radweg zwischen Persis und Bahnhofstraße ist verhältnismäßig neu, hat die Normbreite von 2,0 m und zusätzlich einen breiten Sicherheitsstreifen bis Bordsteinkante. Es folgt stadteinwärts ein neu angelegter Radfahrstreifen auf Straßenniveau ebenfalls mit Normbreite. Eine breite weiße Linie soll einen Sicherheitsabstand garantieren. Der Radweg zwischen Marienstraße und Schnaitheimer Straße verläuft wieder auf dem  Bürgersteig. Er ist wie am Eugen-Jaekle-Platz mit 1,50 m deutlich zu schmal für die neuen Anforderungen der STVO. Da hilft der 0,50 m breite Pflasterstreifen als Sicherheitsabstand zur Fahrbahn wenig.

Auf der vollen Länge der Olgastraße hielt knapp die Hälfte der Fahrzeuge den Sicherheitsabstand nicht ein. Es fällt auf, dass selbst entlang des neuen Radfahrfahrstreifens 7 von 16 (44 %) Fahrzeugen zu knapp überholten.

Zwischen Marienstraße und Schnaitheimer Straße missachteten 11 von 15 (74 %) Fahrzeugen den Sicherheitsabstand.

Wilhelmstraße

Ab der Schnaitheimer Straße veräuft der Radweg auf Fahrbahnniveau und passiert eine Bushaltestelle.

10 von 12 (83 %) Fahrzeugen hielten auf diesem Abschnitt den Sicherheitsabstand nicht ein.

Während in jüngster Zeit Radfahrstreifen in der Paul-Hartmann-Straße und Plouquetstraße in ausreichender Breite ausgeführt wurden (überraschender Weise überholten in der Paul-Hartmann-Straße dennoch 41 % der Fahrzeuge mit zu geringem Abstand), erweisen sich ausgerechnet die Radwege im Stadtzentrum aufgrund ihrer zu geringen Breite als die unsichersten. Diese prekäre Infrastruktur müssen so gut wie alle Radfahrenden benutzen. Nach Ansicht des ADFC kann dies bedeuten, dass die Fahrt mit dem Fahrrad erst gar nicht angetreten wird.

Wenn aus Sicherheits- und aus Umweltgründen die Fahrrad-Nutzung erhöht werden soll, muss gerade in der Innenstadt der Verkehrsraum zwischen Kraftfahrzeugen, Fahrrad und Zufußgehenden dringend anders aufgeteilt werden. Der Heidenheimer Verkehrsentwicklungsplan zeigt dafür gute Vorschläge. Außerdem würde eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 km/h die Gefährdung mindern.

Anmerkung

Streng genommen fallen nur Straßen ohne Radweg und Straßen mit Schutzstreifen unter die Abstandsregelung der neuen STVO, nicht jedoch Radwege auf Bürgersteigen oder Radfahrstreifen wie in der Paul-Hartmann, weil diese nicht zur Fahrbahn gehören. Juristen des ADFC stellen sich jedoch auf den Standpunkt, dass das Gebot, andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden, etwa die gleichen Sicherheitsabstände erfordert, wie sie die novellierte StVO vorschreibt. Dies hängt natürlich auch von der Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Fahrzeuge ab. So kann schon der Sog eines dicht vorbeifahrenden Lastwagens eine Gefährdung darstellen. Insbesondere Kinder sind davor zu schützen durch Verhältnissse, die es den Fahrerinnen und Fahrern von Kraftfahrzeugen ermöglichen, den richtigen Abstand einzuhalten. Markierte Doppel-Fahrspuren tragen nicht dazu bei, auch nicht eine Geschwindigkeit von 50 km/h!

Der ADFC Heidenheim will die Datenlage an den kritischen Stellen im Jahr 2023 mit neuen Messungen verbreitern, um die Aussagen noch valider zu machen. Möglicherweise fallen dann die Ergebnisse besser aus, weil Autofahrerinnen und Autofahrer durch die Messungen vom Sommer 2022 sensibilisiert wurden und ein Lerneffekt eingetreten ist.

Der Open Bike Sensor

An der Sattelstütze oder am Gepäckträger wird die als Open Bike Sensor (OBS) bezeichnete Apparatur befestigt, die den Abstand zwischen der linken Lenkerkante und den überholenden Fahrzeugen misst. Das geschieht mittels Ultraschall. Der Radler hält jeden Überholvorgang fest, indem er einen Taster am Lenker betätigt. Sämtliche so erfassten Daten werden später ausgelesen und können in Tabellenform oder als Diagramm dargestellt werden. Personenbezogene Daten wie Kennzeichen werden nicht registriert.

https://heidenheim.adfc.de/pressemitteilung/autofahrer-ueberholen-radfahrer-zu-knapp

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